Hammond-Orgel

Die sogenannten „Hammond-Orgeln“ wurden von Laurens Hammond entwickelt und von der Firma Hammond gebaut. Laurens Hammond hatte zuvor — um 1920 — das Synchronuhrwerk erfunden. Nach dem gleichen elektromechanischen Prinzip funktioniert auch die Hammond-Orgel. Die Hommond-Orgel ist also keine elektronische Orgel, obwohl dies von Laien immer wieder behauptet wird. Zur Tonerzeugung rotieren metallene „Tonräder“ mit einem gewellten Rand, ähnlich Zahnrädern, vor elektromagnetischen Tonabnehmern (Permanentmagnete in Spulen), so dass in diese eine Wechselspannung induziert wird. Bei der induzierten Spannung handelt es sich um eine reine Sinuswelle, was zur Folge hat, dass die erzeugten Töne über absolut keine Oberschwinungen verfügen. Die Oberschwingungszusammensetzung eines Tons macht normalerweise den typischen Klang eines Musikinstruments oder einer Stimme aus. Für die Hammond-Orgel ist der sterile, obertonlose Ton typisch; ein solcher Klang kommt in der Natur nicht vor. Um den Klang zu färben und voller zu gestalten, ist es möglich, Töne verschiedener Höhe stufenlos zu mischen, man bedient sich hierzu eines sogenannten Zugriegelsystems. Zugriegel sind Flachbahnregler, also letztlich Schiebepotentiometer. Bezeichnet werden diese Zugriegel entsprechend den von Pfeifenorgeln her bekannten Fußlagen, also mit 16′, 8′, 5⅓′, 4′, 2⅔′, 2′ usw. Während bei Pfeifenorgeln die Register abhängig von Bauart, Pfeifenform, -material usw. unterschiedlich klingen, ist dies bei den Sinusklangfarben der elektro-mechanischen Hammond-Orgeln nicht der Fall, dafür können die Lautstärken der einzelnen Fußlagen für jedes Manual und das Pedal unabhängig, stufenlos gemischt und auch abklingende Töne („Percussion“) hinzugemischt werden. Wird der „Sustain“-Effekt zugeschaltet, klingen die Töne nach dem Loslassen der Tasten je nach Effektstärke mehr oder weniger langsam aus.

Ursprünglich sollte die Hammond-Orgel als preiswerte Alternative zur Kirchenorgel eingeführt werden. Tatsächlich verbreitete sie sich aber rasend schnell als neues Instrument in der Jazz- und Unterhaltungsmusik. Sowohl James Last als auch Peréz Prado haben mit solchen Instrumenten als Alleinunterhalter angefangen und dann nach und nach Ihre Orchester aufgebaut. Wir kennen den typischen Hammond-Orgel-Klang von folgenden Musikstücken: „Je t'aime“, „A whiter shade of pale“, „Patricia“ (Mambo von Peréz Prado).

Gegenüber der modernen elektronischen Orgel, die heute meist auch mit einem Sinuszugriegelsystem ausgestattet ist, um die Hammond-Orgel täuschend echt zu immitieren — selbst der sog. „Patsch“, ein Schaltklicken beim Drücken der Tasten, wird nachgeahmt —, hat die Hammond-Orgel verschiedene Nachteile: Sie ist sehr schwer, und damit nicht besonders gut zu transportieren. Sie kommt nicht mit Spannungsschwankungen zurecht und kann deshalb an vielen Orten nicht eingesetzt werden, z.B. auf Schiffen, oder dort, wo große Elektromotoren anlaufen; die Hammond-Orgel jault hier wie eine Luftschutzsirene bei ABC-Alarm-Entwarnung.

Die Firma Hammond hatte nach dem großem Erfolg mit ihren Instrumenten die Umstellung auf elektronische Orgeln verpasst und geriet so in wirtschaftliche Schwierigkeiten von denen sie sich nicht mehr erholte. Letztlich erwarb ein japanisches Unternehmen den Firmennamen und verwendet ihn heute für minderwertige elektronische Orgeln. Die Original-Hammond-Orgeln sind heute absolute Liebhaberinstrumente, für die sehr hohe Preise gezahlt werden.

Untrennbar mit der Hammond-Orgel verbunden sind der „Leslie“ und die Hammond-Hallspirale. Beim Leslie handelt es sich um ein Rotationslautsprechersystem. Die Trichter der Lautsprecher drehen sich in einem etwa würfelförmigen Schrank um eine senkrechte Achse und sind durch die Rizze zwischen den Latten, durch die der Schall austritt, gut sichtbar. Klanglich ergeben sich interessante Vibrato- und Schwebungs-Effekte, insbesondere auch bei Änderungen der Drehgeschwindigkeit (Anlauf- und Auslaufeffekte). Leslie-Kabinette sind beim Transport vor allem sperrig. Bei Hammond-Orgeln mit Gehäuseunterteil kann der Leslie auch horizontal drehend in die Orgel selbst eingebaut sein, kommt klanglich so aber etwas schlechter zur Geltung.
Hammond-Hallspiralen dienen zur Erzeugung von künstlichem Nachhall. In einer Metallwanne sind lange Spiralfedern frei hängend gespannt, die durch eine Spule in Schwingungen versetzt werden. Über einen Tonabnehmer werden diese Schwingungen dann wieder in Töne zurückverwandelt, was den Effekt eines akustisch guten Nachhalls — etwa wie in einer Kirche — ergibt. Hammond-Hallspiralen wurden noch lange Zeit auch in elektronische Orgeln anderer Hersteller eingebaut, später durch Elektronik mit sog. „Eimerkettenlaufspeichern“ und heute durch Digitalsignalprozessoren („Digitalhall“) ersetzt. Die Hammond-Hallspiralen hatten zwei Nachteile: Zum Einen kommt es bei Erschütterung des eingeschalteten Instruments zu einem solch furchtbaren Krachen, dass selbst Gehörlose wieder hören lässt; zum Anderen werden die Systeme von CB- und Amateurfunkern mit manipulierten Sendern trotz aller elektromagnetischen Abschirmung (Metallwanne usw.) stark gestört; fremde Funksprüche aus vorbeifahrenden Autos bei Konzerten kommen beim Publikum nicht besonders gut an.